Presse-Stimmen

> WAZ 12.1.08: Kunstvolle Teebeutel

NGZonline 19.3.2008: http://www.ngz-online.de/public/article/nachrichten/546476/Aus-Farbe-wird-Geometrie.html

10. Juli 2003, Kölner Stadtanzeiger
Hommage an die Farbe Blau

VON JÜRGEN KISTERS
Ehrenfeld ‑ „Blau ist nicht gleich Blau", sagt Künstlerin Crischa Siegel (Jahrgang 1943), und weil das so ist, wird sie nicht müde, immer wieder neue blaue Bilder zu malen: Farbschicht auf Farbschicht, Kobaltblau auf Ultramarin, dunkel auf hell, Coelin-blau auf Türkis, sandig, pastos, transpa-
rent, geritzt. Sie wäscht die Farbe zum Teil wieder ab, trägt neue Farbe auf, wäscht sie erneut ab, trägt wieder auf. Dies wiederholt sie solange, bis schließlich eine spurenreiche Oberfläche entstanden ist, die so harmonisch und spannungsreich zugleich erscheint, dass man sie nur noch in Ruhe belassen will.
    Dann ist das Ideal eines Bildes gegeben, eine Art Kraftzentrum und Besinnungszone, die den Blick gleichermaßen focussiert und besänftigt. Sich loslösen von den Gegenständen, wie es die freie malerische Abstraktion ermöglicht, heißt keineswegs, nicht doch immer wieder konkrete Dinge in den Bildern zu erkennen: das tiefblaue Meer, das weiße Nachthemd, das im Abendblau vorüberhuscht, das Schiff in der blauen Wasserweite oder das blaue Leuchten einer Kaffeetasse. Viele Fantasien wachsen aus der blauen Offenheit von Crischa Siegels Malerei, manche klar umrissen, andere vage, und nur das Schimmern einer fast vergessenen Erinnerung.
    Die Künstlerin selbst ist immer wieder erstaunt, wie während des Malpro-
zesses eines das andere ergibt und aus anfänglichen Nebensächlichkeiten sich allmählich Konturen und Spannungen entwickeln.
    Für dieses frei fließende, den Zufall nutzende Vorgehen sind die von ihr benutzten Acrylfarben das ideale Malmaterial. „Sie trocknen schnell, und da ich die Farben selbst herstelle, steht mir eine reichhaltige Palette von Nuancen zur Verfügung", sagt Crischa Siegel, die ihre handwerklichen Grundlagen im Studium der Malerei und Keramik Anfang der 60‑er Jahre an der Kölner Werkschule am Ubierring erlernte.
    Seit vielen Jahren bewegt sie sich mit ihrer Kunst vor allem in den Gefilden der freien Abstraktion. Erst als sie vor einiger Zeit Kurse für Kinder an einer privaten Malschule gab, fand sie, für sie selbst überraschend, auch wieder zur Gegenständlichkeit und zum traditionellen Sujet des Stillebens zurück. In ihren Stilleben benutzt sie auch andere Farben, viel Gelb, Orange und Weiß. „Doch kurioserweise funktionieren diese Farben nicht in ihrer Ar-
beitsweise im abstrakten Farbfeld", hat sie nach zahlreichen malerischen Suchbewegungen erstaunt festgestellt, so dass sie dem Blau in ihrer Malerei einen ganz besonderen Status beimisst. Und so ist denn die „blaue Ausstel-
lung" in der kleinen Galerie des Kunstvereins Kultur Köln 30 denn sowohl eine Hommage an eine Farbe als auch eine Art Bilanz ihrer langjährigen malerischen Studien.
   Kunstverein Kultur Köln 30, Körnerstrasse 9, Di‑Fr 13‑18 Uhr, bis 23.7.

 

10. Juli 2003, Kölnische Rundschau
Blau, aber darüber hinaus ohne jeden Plan

von Hans-Willi Hermans
EHRENFELD. „Ich dachte mir gleich, dass meine Bilder in diesem kleinen und hohen Raum gut zur Geltung kommen", freute sich die Künstlerin Crischa Siegel bei der Ausstellungseröffnung in den Räumen des Kunstvereins Kultur Köln 30 in der Körner-
straße. Tatsächlich machen sich die in zehn Blautönen von Kobalt und Aquamarin über Ultramarin bis Preußischblau gehaltenen Tafeln vor dem Hintergrund der weißen Wände ausgesprochen gut. „Man sollte ja eigentlich nicht sagen, dass Bilder ,schön' sind", äußerte Dieter Wolf, Geschäftsführer von Kultur 30, selbstkritisch Bedenken vor der eigenen Empfindung. „Aber wenn man sich zwischen Bildern wohl fühlt, ist das doch ein gutes Zeichen."
    Wenn sich nicht nur Kenner der Avantgarde mit diesen Bildern anfreunden können, dann liegt das vor allem an der ,warmen' Farbgebung, nicht etwa daran, dass Crischa Siegel ,Realität' wiedergäbe. Die Darstellung ist konse-
quent abstrakt, trotz der Titel, die auf Gegenständliches hinzuweisen scheinen. „Die Titel entstehen immer erst, wenn die Bilder fertig sind und man darauf zum Beispiel ein ,Nachthemd' oder ein ,Schiffchen' zu erkennen glaubt", erzählte Siegel.
    Dass sich solche Strukturen überhaupt zeigen, ist aber reiner Zufall. Denn die 1943 in Dessau geborene Künstlerin, die bereits in New York und Atlanta ausgestellt hat, stellt vor Beginn des Arbeitsprozesses keine Planungen an. Zunächst trägt sie die Acrylfarbe auf die Leinwand auf und wäscht sie gleich darauf wieder ab, wobei Farbrückstände von unterschiedlicher Dichte und Helligkeit zurückbleiben.
    Dieser Prozess wird mehrmals und mit anderen Blautönen wiederholt, zusätzlich kratzt Crischa Siegel mit den Fingernägeln in der feuchten Farbe. „Das dauert oft sehr lange, bis ich dann irgendwann sehe: Jetzt ist das Bild fertig, jetzt akzeptiere ich es, ich ändere nichts mehr." Eine Arbeitsweise, die offensichtlich noch nicht ausgereizt ist. „Wenn ich das so sehe", sagte die Künstlerin mit Blick auf die Kratzspuren auf dem ,Nachthemd', „könnte ich sofort nach Hause fahren und ein neues Bild anfangen."
    Seit fünf Jahren beschäftigt sie sich mit diesen blauen Bildei. „Meine Palette hat auch andere Farben, aber diese Arbeitsweise funktioniert nur mit der Farbe Blau. Warum das so ist, weiß ich auch nicht." Die Ausstellung in der Körnerstraße 9 ist dienstags bis freitags bis zum 23. Juli von 13 bis 18 Uhr zu sehen.

 

11. Juni 2001, Weser-Kurier:
 Kleine Fluchten aus der Zeit
“Der Maler soll nicht das malen, was er vor sich sieht, sondern was er in sich sieht. Wenn er in sich nichts sieht, soll er auch nicht malen, was er vor sich sieht.” So hat es einst Caspar David Friedrich formuliert, und treffender hätte das Zitat auch nicht sein können, mit dem die Malerin Crischa Siegel dem Publikum in der  Galerie “BerGer” ... sich und ihre Bilder näher bringen will...
    Die stark reduzierten Stilleben der Künstlerin erinnern an Szenen aus dem Urlaub in  sonnigen Ländern. Wie etwa das “Stilleben mit weißer Schale”: Pralle, reife Orangen in einer Schale, im Hintergrund erahnbare Weinkaraffen, auf einem bloß angedeuteten Tisch, sorgen für mediterranes Flair. Gelbe Farbabstufungen dominieren diese Bilder, die sich trotz aller Gegenständlichkeit so sehr vom klassischen Stilleben gelöst haben... Fast zwei Jahre bestimmte Blau ihr künstlerisches Schaffen, dann war Zeit zum Wechseln. Und mit der neuen Farbe kamen auch neue Themen... Die Bilder der “blauen Zeit” sind stark reduzierte Landschaften, die Gegenständlichkeit der Gelben-Serie fehlt...
    An die Aussicht aus einem Flugzeug erinnern die blau dominierten Landschaften. Man sieht die  Farben in ihrem Zusammenspiel, Kornfelder werden zu hellen Quadraten, Flüsse zu Linien und Bäume zu grünen Tupfern. Auffallend ist dabei die Technik von Crischa Siegel: Immer wieder sind Flächen übermalt, untere Farbschichten wieder herausgeritzt...”

10. Juni 2001, Delmenhorster Kreisblatt am Sonntag:
Von Stillleben geträumt
“...Anstoß, so erzählt sie [Crischa Siegel], sei vor zwei Jahren der Beginn der Tätigkeit in einer Kindermalschule gewesen. Sie begann, Farben selbst herzustellen, reicherte sie an mit Sand und Erde. Gleichzeitig veränderte sie ihren Stil, der Umgang mit den Kindern setzte didaktische Überlegungen frei, Zeichnungen schoben sich in den Vordergrund. Selbst Stilleben traut sie sich in letzter Zeit zu, obgleich das Thema für sie abgehakt war. Dann eines Nachts ein Traum und der Satz zum Ehegatten: “ Wilhelm, ich habe ein Stilleben geträumt.”...”

26. Februar 2001, Münsterländische Tageszeitung:
Ein Spiel mit Feuer, Licht und Luft
„ ...die Diplom-Designerin, hat ihr halbes Leben als Künstlerin der Keramik gewidmet, ehe sie sich Schritt für Schritt der Malerei zuwandte. „Ich habe seit etwa einem Jahr keinen Topf mehr angerührt", berichtet die Künstlerin. Und doch lassen sie die Töpfe und ihre Formen nicht ganz los. Als sie Farb-
schichtungen in Acryl auftrug, wieder abwusch, Sand auflegte und darin wischte, tauchten plötzlich Konturen auf. Mit dem Kohlestift in der linken Hand („sonst wird das zu exakt, wie eine Planskizze") zog sie die Konturen nach und fand zu ihrer eigenen Überraschung Gefäßformen. Das ist durchaus kein Selbstzitat. „Ihre Gefäße sind Folge der Farbverteilung und die Farb-
komposition erst hat zu ihrer figurativen Erscheinung geführt", erläuterte der Kunsthistoriker Jörg Michael Henneberg gestern in seiner Einführung.
    Es blieb nicht bei den Töpfen. Inzwischen bekennt sich Siegel zu figura-
tiven Elementen, lässt sich von toskanischen Mauern zu Farb- und Form-
experimenten anregen, wagt sich sogar an abstrakte Stilleben. Ihre Farben instrumentiere sie mit großer Sensibilität, die Arbeiten strahlten Harmonie aus, lobte Henneberg. Es ist keine oberflächliche Harmonie. Durch die Schichtungen und den Sandauftrag erhalten ihre Gemälde plastische Qualitäten....“ Hubert Kreke

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